Kilians Geschichte

Ihr Lieben,

ich darf euch unser neustes Sorgenkind vorstellen, den kleinen Kilian.

Vor ein paar Tagen, bekam ich eine E-Mail von seinem Vater und er erzählte mir eine Geschichte, die mich schon beim 1. Lesen zutiefst erschrocken hat. Am nächsten Tag besuchte ich die Familie. Wieder einmal wurde mir schlagartig klar, wie kostbar unsere Kinder sind und egal, wie sehr wir es auch möchten, es steht nicht in unserer Macht, sie vor allem zu beschützen, vor allem, wenn das Schicksal so grausam und heimtückisch aus heiterem Himmel zuschlägt.

Im letzten Sommer flog die junge Familie in den lang ersehnten und lange zusammen gesparten Urlaub auf eine spanische Insel. Vater, Mutter, Kilian (6), sein ein Jahr älterer Bruder und eine befreundete Familie.

Nach den ersten fünf wunderschönen Tagen am Meer klagte Kilian am sechsten Morgen über ein Brennen im Nacken. Zuerst lag der Verdacht nahe, dass Kilian sich einen Sonnenbrand eingefangen hatte, aber wenig später, konnte er plötzlich seinen rechten Arm nicht mehr richtig bewegen und fing an zu husten. Die Hotelärztin diagnostizierte eine Bronchitis, die Lähmungserscheinungen erklärte sie mit „vielleicht beim Reinspringen in die Wellen verrissen“. Trotz der Medikamente verschlechterte sich Kilians Zustand rapide. Gegen Mittag konnte er seinen Arm gar nicht mehr bewegen, seinen Kopf nicht mehr alleine halten, seinen Speichel nicht mehr schlucken und seine Stimme veränderte sich.

Seine Mutter fuhr mit ihm und ihrer Freundin zu einem deutschen Arzt, der eine schwere Lungenentzündung, Seitenstrangangina und eine Mittelohrentzündung diagnostizierte, die Lähmungen seien Nebenwirkungen. Die Medikamente wurden umgestellt und die Familien zurück ins Hotel geschickt.

Zuerst hatten die Eltern den Eindruck, Kilians Zustand bessere sich tatsächlich, aber am nächsten Morgen kollabierte Kilian in den Armen seiner Mutter, er verdrehte die Augen, die Lippen liefen blau an. Geistesgegenwärtig nahm seine Mutter Kilian auf den Arm und rannte mit ihm in die Hotellobby, wo eine gerade abreisende Touristin auf sie aufmerksam wurde und sofort mit der Reanimation begann, denn Kilian hatte einen Herzstillstand erlitten.

Polizei und Krankenwagen trafen ein, Kilian wurde in die Klinik gebracht. Seine Mutter durfte ihn begleiten, sein Vater und sein großer Bruder mussten hilflos im Hotel warten.

Nach einiger Zeit informierte seine Frau ihn per Telefon, dass man mittlerweile wieder einen schwachen Puls habe, Kilian aber im Koma liege. Kilians Leben hing am seidenen Faden und er wurde mit seiner Mutter nach Mallorca geflogen. Daraus wurden die ersten 5,5 Wochen Klinikaufenthalt in Palma. Die Diagnose: ein Virus, der normalerweise eine Lungenentzündung hervorruft, hatte sich im Gehirn festgesetzt, eine Entzündung mit Gehirndruck verursacht, großen und leider irreparablen Schaden angerichtet.

Über Nacht stand das ganze Leben der Familie Kopf. Der Vater fand in Palma glücklicherweise ein Zimmer in Kliniknähe. Die Arbeitgeber zeigten großes Verständnis.

Nach über fünf Wochen war Kilian endlich stabil genug, um nach Deutschland geflogen werden zu können, wo er in eine Kölner Klinik eingeliefert wurde. Kaum dort, empfahlen die Ärzte den Eltern, die lebenserhaltenden Maschinen abzustellen. Sie sahen keine Chance, dass Kilian überleben würde und sie empfahlen, sich von Kilian zu verabschieden.
Aber das kam den Eltern nicht richtig vor, weil sie glaubten, Reaktionen bei Kilian zu erkennen und sie wehrten sich, akzeptierten die Empfehlung nicht. Sie folgten ihrem Herzen, wollten Kilian nach Hause holen, aber das hätte bedeutet, dass man eine ganze Intensivstation zu Hause hätte einrichten müssen. Das war gar nicht umzusetzen.

Die Eltern machten sich im Internet schlau und fanden eine Klinik in Bayern, die auf solche Fälle spezialisiert ist. Nach vier Wochen in Köln, wurde Kilian im September 2016 in die Klinik nach Bayern verlegt und dort waren die Ärzte überrascht, was doch für kleine Reaktionen bei Kilian zu sehen waren, weil er dort von Köln aus anders angekündigt wurde.

Seit Kilian in der bayrischen Klinik ist, macht er kleine, aber gute Fortschritte. Inzwischen befindet er sich im Wachkoma, aber in einem gesicherten Wahrnehmungsniveau.
Das heißt, er reagiert ganz eindeutig auf seine Eltern und auf seinen Bruder. Er reagiert auf Ansprache, er bewegt Körperteile. Wenn Ihr euch das Foto anguckt, dann sehr Ihr, dass Kilians Blick fokussiert und nicht leer ist. Seine Mutter ist die ganze Zeit bei ihm, hat eine kleine Wohnung bekommen, die von der KK übernommen wurde. Den Arbeitsvertrag, den sie vier Wochen vor dem Unglück unterschrieben hatte, konnte sie nicht erfüllen, seitdem ist sie krankgeschrieben.

Wie lange Kilian noch in der Klinik bleibt, ist noch nicht absehbar. Aber sicher ist: er wird irgendwann zu Hause gepflegt werden können und darauf bereitet sich der Vater vor, indem er angefangen hat, das Haus behindertengerecht umzubauen. Das neue Zimmer mit Bad, für Kilian und seine Pflegekraft, ist bereits fertig. Nun stehen Dinge wie ein Treppenlift an, irgendwann ein Auto mit Rampe. Tonnenweise Papierkram ist zu erledigen, Anträge müssen geschrieben werden, Widersprüche bei Ablehnungen müssen geschrieben werden, der Haushalt muss gewuppt werden, Kilians Bruder muss betreut werden und arbeiten gehen muss der Vater auch noch. Dazu die Sorgen um Kilian. Fast jedes Wochenende die Fahrten nach Bayern, die finanzielle Zusatzbelastung der doppelten Haushaltsführung.

Trotz einer gut funktionierenden Familien- und Freundes-Hilfe ist das alles viel zu viel. Für den Vater und auch für Kilians Bruder. Den Vater zerreißt es zwischen Pflichtgefühl für seinen Arbeitgeber, der Angst dem Job nicht mehr gerecht zu werden, den Job vielleicht zu verlieren, finanzieller Abgrund droht – Kilians Bruder, dem er alleine auch nicht gerecht werden kann, wenn er voll arbeiten geht. Letzte Woche war der Bruder krank und der Vater musste zu Hause bleiben. Wie reagiert der Arbeitgeber auf Dauer?
Auch wenn er ein großes Herz gezeigt hat, kann ein kleiner Betrieb das auf Dauer nicht tragen.

Kilians Bruder leidet sehr unter der Situation, er vermisst seinen Bruder, zu dem er ein sehr enges Verhältnis hat und natürlich auch seine Mutter. Wie wird er reagieren, wenn Kilian wieder nach Hause kommt und er nicht mehr so ist, wie er ihn kennt. Nie mehr werden die beiden gemeinsam unbeschwert im Meer plantschen, oder im Garten herumtollen können. Wie soll ein 7-jähriger das verstehen können?

Die Familie liegt mit dem Gehalt des Vaters – ich weiß nicht – leider oder Gott sei Dank – (noch) über der Einkommensgrenze und gilt damit nicht als hilfsbedürftig, d.h. als Stiftung dürfen wir laut Satzung aktuell finanziell nicht helfen.

Wir dürfen aber Dinge finanzieren, die Kilian direkt zugutekommen, z.B. Rehahilfsmittel finanzieren, die vielleicht von der Kasse nicht übernommen werden etc.

Demnächst erscheint Kilians Geschichte mit einem Spendenaufruf in der Presse. Die katholische Kirchengemeinde Overath hat ein Spendenkonto eingerichtet und ich verbürge mich persönlich, dass eure Spenden hier wirklich hilfreich sind! In dem Artikel wird eine Kontakttelefonnummer stehen und ich wünsche mir, dass dieses Telefon ununterbrochen klingeln wird.

Nach solchen Gesprächen, ist mein Herz immer komplett zerfleddert. Ich denke dann oft, wie lange kannst du das noch machen? Dann schlafe ich eine Nacht drüber und stehe am nächsten Morgen mit dem Gedanken „mach erst mal, irgendwas geht immer und die Eltern müssen damit leben und umgehen können, dann kannst du das auch“ wieder auf.

Wir stehen auf jeden Fall in den Startlöchern.

Herzlich willkommen in der Helfenden Hände-Familie, Kilian & Co.